Atomwaffentest auf Bug: Es haute mich vom Hocker – vom 11.04.2005
Link zur Diskussion im GTGJ-Forum: Rainer Karlsch: Hitlers Bombe
Quelle: Ostsee-Zeitung am Montag, 11. April 2005 | Insel Rügen
Atomwaffentest auf Bug: Es haute mich vom Hocker
Das Buch „Hitlers Bombe“ wurde im März mit Rummel angekündigt. Angeblich hat es 1944 einen Atomtest auf dem Bug gegeben. Mit dem Buch hat sich Bug-Kenner Heinz Mattkay beschäftigt.
Dranske Als ein „hervorragend recherchiertes, sensationelles Buch aus dem DVA Verlag“ kündigten die Medien „Hitlers Bombe“ an. Autor Dr. Rainer Karlsch, noch zu DDR-Zeiten an der Humboldt-Universität Berlin promoviert, berichtet darin, dass Hitler die Atombombe hatte und Tests u. a. auf dem Südbug durchgeführt hat. Als ich das las, haute es mich als militärakademisch gebildeten Offizier a. D., der fast 20 Jahre auf dem Bug seinen Dienst versehen hatte, und als Hobbyregionalhistoriker vor Lachen vom Hocker.
Tatsache ist, dass das faschistische Deutschland aus ökonomischen und militärischen Gründen nicht in der Lage war, eine Atombombe herzustellen und zur Explosion zu bringen, geschweige denn, sie mit den notwendigen Trägermitteln zum Einsatz zu bringen. Da können Herr Karlsch und die Verleger aus München behaupten, was sie wollen. Wenn die anderen Kapitel des Buches genau so recherchiert sind, wie die über den Atomtest auf dem Bug, dann wird es wahrscheinlich zum größten Flop des eigentlich seriösen Münchener Verlages.
Am 12. Oktober 1944 soll es dem Buch nach auf dem Bug eine gewaltige Explosion gegeben haben, wie Leute von Hiddensee, einer wurde auch namentlich genannt, behaupteten. Das besagt erst einmal gar nichts, da es von 1935 bis 1945 auf dem Bug öfter geknallt hat, ob der Ausbildung der Flugzeugbesatzungen aber auch wegen nicht wenigen Unfällen. Es ist überhaupt keine Kunst, heute Leute in der Kneipe mit einigen Lagen und einer angekündigten kleinen Prämie zu der Behauptung zu verleiten, im Himmel sei morgen Jahrmarkt.
Tatsache ist sicher, dass ein Italiener namens Romera, ein Vertrauter Mussolinis, der den Test beobachten konnte, das gleiche Datum nennt. Mit diesem Mann scheint sich aber Dr. Karlsch das große Ei ins Nest gesetzt zu haben, berichtet er doch, dass er in Berlin im Reichspropagandaministerium war und dann in der Nacht vom 11. zum 12. Oktober nach Peenemünde (warum nicht zum Bug) geflogen wurde. Und dann zitiert Karlsch: „Das Gelände war eine kleine Insel. Sie war voller Vegetation, Bäume, hohem Gras, Büsche, es war ein schöner Ort. Es gab einige Häuser aus Beton, die sollten wohl Häuser sein, wirklich als Ziele, um die Wirkung zu verstehen. . .“ S. 176. Wie die Bombe aufgestellt war, hat er nicht gesehen, er erlebte aber von einem Unterstand aus die Zündung der Bombe, die Explosion, die den Bunker erschütterte, den Lichtblitz und eine große Rauchwolke. Das Gelände sah danach zerstört aus, Bäume waren gesplittert und Schafe verkohlt u. a.. Von einer „Atombombe“ wurde nicht gesprochen, sondern nur von einer „Zerlegungsbombe“. All das erfolgte bei leichtanhaltendem Regen aus faserigen Wolken, und den Beweis für das Datum bringt Karlsch, indem er schreibt, dass solches Wetter am 12. Oktober an der Ostseeküste (wo zwischen Dänemark und Ostpreußen?) herrschte.
Sicher war Romera auf der Greifswalder Oie und hat V1- und V2-Abschüsse gesehen und sicher hat man ihm auch eine große Explosion imitiert, indem man wahrscheinlich Sprengstoff mit Mehl vermischt hat, um eine gewaltige Rauchfahne zu erzielen – auf dem Bug war er sicher nicht. Schon aus der Tatsache heraus, weil alle diese Aktivitäten an einem Tag oder zwei transportmäßig gar nicht sicherzustellen waren. Dazu noch eine Anmerkung: Bisher gab es noch kein Land der Welt, das unter solchen Wetterbedingungen „Wunderwaffen“ getestet hat, für eine Propagandaschau mit Abschuss einer V1 und oder V2 und einer Sprengstoffdetonation reichte es aber allemal.
Romera berichtete in Rom natürlich von diesem großartigen Erlebnis, erst von den Trägern und dann von den zukünftigen Sprengköpfen, deren erste drei bald fertig sein sollen und Mussolini faselte dann bis zu seinem schmählichen Ende am Galgen von Hitlers Wunderwaffen. All diese von Karlsch recherchierten Aussagen lassen nur den Schluss zu, das man für den stark angeschlagenen italienischen Verbündeten vom Reichspropagandaministerium eine PR-Maßnahme arrangiert hatte, den weder die V1 noch die V2 waren in der Lage, die am Ende des 2. Weltkrieges waffentechnisch möglichen Atombomben zu transportieren.