Letzte Phase – Bodenanalyse TrÜbPl Ohrdruf durch PTB vor dem Abschluß – vom 27.12.2005
Quelle: Thüringer Allgemeine am 27.12.2005
Letzte Phase
Gab es in den letzten Kriegstagen einen Atomtest der Nazis in Thüringen? Nachdem jahrelang darüber nur Gerüchte kursierten, gehen Braunschweiger Wissenschaftler dieser Frage jetzt auf den Grund.
ERFURT. „Die Analysen sollen Ende dieses, Anfang nächsten Jahres abgeschlossen werden“, sagt Jens Simon von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, „wir sind in der letzten Phase.“ Was die Braunschweiger Wissenschaftler analysieren, ist Erde aus Thüringen – Bodenproben vom Truppenübungsplatz Ohrdruf zwischen Gotha und Arnstadt. Aus jener Gegend, wo im Frühjahr 1945 nach Erzählungen von Zeitzeugen der Test einer sehr kleinen Atombombe stattgefunden haben soll.Die Debatte über den Wahrheitsgehalt solcher Aussagen wurde bisher überwiegend ideologisch geführt. Befürworter der These vermuten ein Geheimkomplott aller vier Siegermächte, um die Errungenschaften der damaligen deutschen Wissenschaftler klein zu reden und zugleich deren Erfolge für sich nutzen zu können. Einige behaupten sogar, es würden noch immer unterirdische Anlagen unter dem Übungsplatz betrieben. Kritiker wiederum beklagen die Glorifizierung des dritten Reiches durch die Hobby-Forscher und werfen ihnen Geschichtsfälschung vor.Doch seit einiger Zeit hat sich die Situation verändert. Mittlerweile ist durch Dokumente belegt, dass die Nazis bei der Entwicklung einer Atombombe weiter waren, als die Geschichtsschreibung lange Zeit Glauben machen wollte. Es gab damals mehrere Forschungsteams, die unabhängig voneinander experimentierten und zu teilweise verblüffenden Lösungen kamen. Aber eine Frage ist noch immer offen: Wurden Tests durchgeführt oder nicht?Genau das soll nun eine aufwändige Analyse der Bodenproben aus Ohrdruf klären. Entnommen im Februar dieses Jahres, werden sie seitdem von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig zahlreichen Tests unterzogen, von chemischen Analysen bis zur kernphysikalischen Untersuchung. Die ersten Ergebnisse ließen aufhorchen: In der Erde waren Isotope von Uran 235 und Lithium 6 enthalten. Beides wird zum Bau von Spaltungs- oder Fusionsbomben verwendet, kommt allerdings in geringen Konzentrationen auch in der Natur vor.Welche der beiden Varianten für die Ohrdruf er Proben zutrifft, wird erst nach Abschluss aller Tests feststehen. Auch in der Endphase will sich Anstaltssprecher Simon nicht festlegen: „Wir werden das Ergebnis nach Abschluss dokumentieren und veröffentlichen.“Sicher scheint aber, dass auch mit dem Ende der wissenschaftlichen Analyse der Streit um die Bombentests nicht beendet sein wird. Denn für viele wird das damalige Geschehen eine Glaubensfrage bleiben. Und für einige Autoren auch Stoff für neue Bücher mit weiteren großen Geheimnissen. Von Eberhardt PFEIFFER
26.12.2005