Mythos um Motor – Aufklärung des Flugzeugabsturzes bei Gossel noch nicht abgeschlossen – vom 28.12.2005
GEPUTZT: Kurt Böttner beseitigt den Rost am Motor einer britischen Lancaster, die bei Gossel abgestürzt ist. TA-Foto: H.P. STADERMANN, 27.12.2005
Mythos um Motor
ILMKREIS. Der am 8. August 2005 bei Gossel ausgegrabene Motor einer 1944 abgestürzten britischen Lancaster gibt der Geschichts- und Technologiegesellschaft Großraum Jonastal e.V – kurz GTGJ oder Jonastalverein bezeichnet – weitere Rätsel bei den Recherchen auf.Nach zweijähriger mühevoller Geschichtsforschung, mühevollen Genehmigungsverfahren und viel Kleinarbeit war die Absturzstelle geortet und damit die Bombermotorteile, wie Propeller, Getriebe und Teile von Zylindern auf einem Feld bei Gossel ausgegraben worden (TA berichtete). Für Projektleiter Klaus-Peter Schambach aus Crawinkel und seine Helfer war das ein sehr großer Erfolg. Doch weitere Daten zu den Einzelheiten des Absturzes und zur Maschine seien noch nicht bekannt, reagierte auch der Vorsitzende des Jonastalvereins, Johannes Alt, auf eine Anfrage dieser Zeitung. Der Bombermotor sei zum Eigentum des Landes Thüringen erklärt worden, der Jonastalverein dürfe ihn jedoch in seinem Dokumentationszentrum in Wölfis (Kreis Gotha) ausstellen.
Zwei Zeitzeugen, die sich kurz nach dem Fund beim Jonastalverein gemeldet hatten, konnten zwar historische Details ergänzen, aber zum genauen Absturzdatum habe niemand etwas sagen können. Beide Zeugen wollen je einen schriftlichen Bericht dazu geben, der dann im nächsten Jahr im Vereinsheft veröffentlicht werden soll. Das ist auch insofern bemerkenswert, als sich in jüngster Vergangenheit gemeldete Zeitzeugen bisher nicht öffentlich äußern wollten. Gerüchteweise hieß es immer wieder, sie fühlten sich unter Druck gesetzt. Der Absturz der Lancaster vom Typ II (mit Holzpropellern), so Schambach, würde von allen Befragten immer wieder in das Frühjahr 1944 datiert. Aber welcher Tag es war, könne nicht ermittelt werden. Bisherige Aussagen bezogen sich auf den 24. März 1944, und zwar sei der Absturz der Maschine hinter den so genannten Drei Kreuzen Richtung Espenfeld passiert. Das Flugzeug, das keine Tod bringenden Waffen mehr an Bord hatte, weil es vermutlich auf dem Rückflug nach einem Angriff in Berlin war, sei in der Luft explodiert. Doch über das genaue Datum, über d as es eben die unterschiedlichen Angaben gebe, müsse genau geforscht werden. Könnte doch die Kenntnis über Abflug, Route, Piloten und Flugzeugbesatzung wichtige historische Zusammenhänge vermitteln. Nach der Veröffentlichung im August 2005 über den Motorfund der britischen Lancaster seien auch aus dem vermeintlichen Ursprungsland, aus England, keinerlei Nachfragen gekommen. Auf Klaus-Peter Schambachs Anfrage in England allerdings, sei vermittelt worden, dass dort in deren Verlustlisten für Ende März und Anfang April 1944 eine solche Maschine nicht auftauche. Langsam rankt sich um Motor und Maschine ein Mythos. Die Mitglieder des Jonastalvereins wollen jedoch um den ganzen Absturz keinerlei Spekulation kultivieren, ganz im Gegenteil. Johannes Alt und Klaus-Peter Schambach bleiben bei ihrem Anspruch: nur wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte im Großraum Jonastal. Erwiesene Erkenntnisse, wasserdichte Dokumente und geprüfte Daten und Geschichts-aufarbeitung finden sich im Dokumentationszentrum Wölfis, das am 29. Januar 2006 wieder öffnet.
Alle darüber hinaus ausgegrabenen und freigelegten Anlagen durch Mitglieder des Jonastalvereines und seine Helfer sind Interessierten zugänglich über den neuen Geschichts- und Naturlehrpfad im Jonastal, den seit der Eröffnung im August 2005 über 1200 Besucher und Wanderer begangen haben. „Im nächsten Jahr haben wir dort viel zu tun, die Büsche müssen beschnitten und die zugewachsenen Wege freigemacht werden“, so Johannes Alt. Er kündigte für 2006 neue Publikationen an: eine Vereinsschrift und einen Wanderführer durch das Jonastal. Als Höhepunkt wäre für 2006 ein Jugendcamp geplant. Von Marlis KIESEWALTER
27.12.2005