Freies Wort, Lokalteil Arnstadt vom 19.03.2002

BERG-UND-TAL-BAHN ÜBER JONASTAL ABGELEHNT

Nachts weiterhin dunkel

Sternwarte befürchtet Beeinträchtigung der Arbeit / Gerüchte um ganz andere Hintergründe

VON THOMAS KLÄMT

Arnstadts Bürgermeister soll sich in einem Schreiben an das zuständige Planungsbüro klar und eindeutig gegen eine Straßenvariante auf dem Höhenzug des Jonastals ausgesprochen haben.

ARNSTADT -In dem Schreiben soll es heißen, er habe“ Bedenken gegen alle Varianten einer Umverlegung der Trasse“. Informanten bewerten die Stellungnahme des Stadtchefs als Stützung der Bürgerinteressen der möglicherweise betroffenen Anliegerorte. Die Argumentation der Befürworter einer Trasse über den Höhenzug würden in dem Schreiben des Arnstädter Stadtchefs Punkt für Punkt widerlegt.

Bürgermeister Hans-Christian Köllmer (ProA) war gestern leider nicht zu dem Thema erreichbar. Das zuständige Planungsbüro wollte sich nicht äußern. In dem Verfahren würden „sämtliche Träger öffentlicher Belange einbezogen“, hieß es mit Hinweis darauf, dass dem Auftraggeber – Thüringer Straßenbauamt – die Öffentlichkeitsarbeit zustehe. Dieses aber sieht derzeit überhaupt noch keinen Anlass, die Öffentlichkeit einzubeziehen. „Wir haben uns bisher bewusst zurückgehalten“, erklärte gestern Klaus Meusch, Sachgebietsleiter Allgemeine Planung beim Thüringer Straßenbauamt, denn erst müsse einmal etwas auf den Tisch.

Das bisherige Nichteinbeziehen der betroffenen Bürger und die Fragezeichen für eine Höhen-Variante nähren in den Ortschaften indes Gerüchte, es gehe um ganz andere Hintergründe, als nur eine neue Straße. So wird inzwischen auch laut vermutet, dass die alten Bunker im Jonastal und deren Erforschung möglicherweise Ursache sind. Der Leiter der Stemwarte Espenfeld, Günter Loibl, sprach gestern während eines Besuchs von SPD-Bundestagskandidatin Petra Heß von Gerüchten, die in der Region inzwischen „geistern“. Demnach solle mit der netten Straße der Truppenübungsplatz aufgewertet werden, um in die Stollen reinzukommen. Für Loibl selbst steht inzwischen außer Frage, dass solche neue „hirnrissige Trasse“ zumindest andere Motivation als die bisher offiziell vorgegebene haben könnte. Denn: Die im Tal angeführte Trinkwassergefährdung sei auf der Höhe noch brisanter, würde doch das Karstgebiet jeden Liter eines verunglückten Benzinlasters Tropfen für Tropfen durchrinnen lassen und noch breiter streuen. Außerdem müssten allein bis Siegelbach 79 Bäume verschwinden, teilweise würde der Wald abgeholzt. Eine solche „Berg-und-Tal-Bahn durch die Natur“ würde mit nötigen Brems-und Gasgebmanövem der Autos weit mehr Schadstoffe verursachen, als durch das Tal. BIMitglied Volker Herzberg sieht weitere Probleme: Mit dem Gottesholz würde hier die Pflaumeiche in ihrem nördlichsten Verbreitungsgebiet beeinträchtigt. Loibl orientierte auf einen „Planeten, wie er mit immer mehr Straßen verhunzt wird!“ Während die Astronauten von zunehmender Verschmutzung der Atmosphäre berichten, werde trotz solcher irrsinniger Planungen die Region noch immer auf Hochglanzprospekten vermarktet. Loibl freilich räumte gestern auch ganz eigene Interessen an der Verhinderung einer solchen Trasse ein: Die Sternwarte Espenfeld, die in internationale Sonnenbeobachtungen einbezogen ist, kann blendende Autolichter und Erschütterungen durch 40-Tonner als Letztes gebrauchen. Die Beobachtung des Sternhimmels erfordere eine Dunkelheit, die bei vorbeifahrenden Autos nachts nicht mehr gegeben sei. „Es stinkt uns an, dass wir nicht ernst genommen werden, schimpfte er gestern, nachdem an Landrat und Stadtrat Arnstadt eine Denkschrift ausgegeben worden sei.

Dass die Bürger noch nicht einbezogen wurden, sieht Planer Meusch als kein Versäumnis. Er plädierte gestern im Gespräch mit Freies Wort für Sachverstand und weniger Aufgeregtheit. Im Zuge der geplanten Übergabe dieser Landesstraße an den Kreis soll diese zuvor in einen guten Zustand versetzt werden. Ob dies auf der alten Trasse kostengünstig möglich ist oder besser mit neuer Trasse zu realisieren wäre, soll diese Voruntersuchung ergeben. „Damit wird noch überhaupt kein Stab gebrochen!“ Bürger könnten jetzt noch gar nicht einbezogen werden, weil noch keine Daten auf dem Tisch lägen. „Wir sind erst mal in der Phase Hamster: alle Daten sammeln! Da werden üblicherweise Bürger nirgends einbezogen.“ Danach erst würden Vor- und Nachteile abgewogen und erfolge die öffentliche Anhörung. Auch Spekulationen um Nazischatzsuche wies Meusch eindeutig zurück. Dieses Thema spiele überhaupt keine Rolle.

Für Dr. Ulrich Strobel, Leiter des Umweltamtes Ilm-Kreis, ist die Frage des Trinkwasserschutzes bei der künftigen Straßenlage vorrangig. Dass die Quelle Schönbrunn von oben genauso gefährdet sei, räume er schon ein. Bei Beibehalt der Straße durchs Jonastal müsste dort aber über die gesamte Trasse eine schützende Kanalisation gebaut werden, oben nur teilweise. Petra Heß will nun nach gestrigem Treffen in der Stemwarte ihre Kreistagsfraktion mit Fragen an den Landrat herantreten lassen und an Umweltund Wirtschaftsminister schreiben. Sie selbst sprach sich für ein Belassen der Straße in jetziger Lage aus, auch für Tonnagebegrenzung.

Quelle: http://www.espenfeld-gossel.de

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