TA-SERIE (9): Zum 50. Jahrestag der Befreiung

FOLGE 9: Da von Berlin aus schon nicht mehr planmäßig geleitet werden konnte und sich die Ereignisse durch das unaufhörliche Vorrücken der Alliierten von Tag zu Tag veränderten, mußten die in unserem Gebiet bereits eingetroffenen Vorkommandos und Nachrichtenleute ihre Arbeiten abbrechen und nach „Serail“ verlegen, so hieß der von Hitler inzwischen als Sitz des Hauptquartiers bestimmte Raum von Berchtesgaden. Immerhin: Nicht alle erreichten mehr das Ziel und schon gar nicht die bereits in Thüringen deponierten Unterlagen. Die Verlegungen, die Ende Februar 1945 stattfanden, liefen wie folgt ab: Teile des Stabes Generalquartiermeister, Transportwesen, das Heeresnachrichtenwesen sowie Vorausabteilungen der Operationsabteilung und Organisationsabteilung wurden nach Gotha verlegt. Die Hauptorgane des OKW, besonders Wehrmachtsnachrichten-Funk, Wehrmachtsnachrichten-Chiffrierdienst wurden gemeinsam mit dem General der Nachrichtenaufklärung in der Heeresnachrichtenschule Halle stationiert. Die gesamte Aufklärung Fremde Heere West hatte ihren Sitz in Georgenthal. Nachrichteneinheiten einschließlich Kommandeur der Führungsnachrichtentruppen wurden nach Ohrdruf in Marsch gesetzt. Weitere Stäbe, so der Waffengeneräle bezogen in oder bei Tambach-Dietharz Quartier, SS-Stäbe in Stutzhaus, Abteilungen des OKW sowie der NS-Führungsstab nahmen in Eisenach Quartier. Schon aus dieser Sicht war Eile für die 3. amerikanische Armee unter Führung von General Patton geboten, galt es doch, diesen Stäben den Rückzug in die sogenannte Alpenfestung abzuschneiden. Im Verlaufe eines Gesprächs mit Bradley über die Demarkationslinie zwischen der Dritten und Ersten Armee regte er an, nach der Einnahme Kassels eine Ostwendung in Richtung Leipzig/Dresden vorzunehmen. „Der Gedanke“, so schreibt Patton in seinem Buch ‚Krieg, wie ich ihn erlebte‘, war teils aus eigenem Kartenstudium und teils aus Unterhaltungen mit General Giraud geboren.“ Die Familie von General Giraud befand sich in deutscher Haft und wurde auf diese Art am 7. April bei Friedrichroda befreit. Am 31. März 1945 traf Patton mit dem G-2 der Zwölften Armeegruppe, General Sibert zusammen, der wie er sagte, einen vielversprechenden Plan für die Eroberung des deutschen Nachrichtenzentrums Erfurt, Weimar und Ohrdruf bei sich hatte. Er sah einen raschen Vormarsch auf das Weimarer Viereck vor, wobei in Kauf genommen wurde, Kassel seitlich liegen zu lassen. (Aussage des Kriegsgefangenen PW CS/1681 Hauptmann Franck.)

G. REMDT

Die Artikelserie von Gerhard Remdt, bestehend aus 21 Folgen zum 50. Jahrestag der Befreiung, erschien 1995 in der Thüringer Allgemeinen. Datum bisher nicht genau ermittelbar.

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