Gedenken der Opfer des Bombenangriffs am 06.02.1945 auf Arnstadt – vom 07.02.2005
Quelle: Thüringer Allgemeine – Lokalteil Arnstadt am 07.02.2005
Ganz schön traurig
ARNSTADT. Etwa ältere 80 Bürger gedachten gestern Nachmittag auf dem Arnstädter Friedhof der Opfer des Bombenangriffs, der am 6. Februar vor 60 Jahren über 85 Tote forderte. Kein einziger Jugendlicher war unter den Besuchern zu sehen. „Wir vom Arnstädter Friedenskreis hatten die Vorstellung, dass auch Schüler und junge Leute zu dieser Veranstaltung kommen würden, um zu erfahren, was damals war. Nun sind es mehr Junggebliebene“, versuchte Gerhard Pein, der Vorsitzende des Friedenskreises, seine Enttäuschung mit einem Scherz zu kaschieren.Schließlich waren sämtliche Schulen im Umfeld angeschrieben worden. Dass in der Ferienzeit kein einziger Vertreter erschien, ist mehr als bedauerlich. So berichtete Liselotte Müller denen, die sich zum Großteil selbst an die schlimmen Ereignisse erinnern können, wie sie als 22-Jährige im Reservelazarett in der Mädchenschule Dienst hatte, als die Bomben fielen. Ihr Elternhaus stand in der Baumannstraße, die schlimm getroffen wurde. „Heimlich bin ich von der Dienststelle fortgelaufen, um zu schauen, ob meine Familie überlebt hatte“, berichtete sie. „Die Nachbarn waren tot. Und die Menschen in den Straßen hatten alle ganz graue Gesichter, bestäubt vom Schutt.“ Die Familie stand plötzlich ohne Dach überm Kopf und ohne Einkommen da, weil der Betrieb, in dem der Vater gearbeitet hatte, völlig zerstört worden war. Hätten Verwandte sie nicht aufgenommen, hätte die Familie in eine Massenunterkunft gehen müssen. Der Staat half nicht. Hilflos mit den Achseln zuckend meint Liselotte Müller nur: „Das ist lange her. Viele andere hat es genau so oder schlimmer getroffen – in Dresden, eine Woche später.“ Sie verstummt.Es folgen Gebete und formelle Friedensappelle. Vielleicht muss man künftig stärker unterscheiden zwischen Gedenkveranstaltungen der Überlebenden und der wichtigen Sensibilisierung Jugendlicher für die katastrophalen Auswirkungen von Krieg auf das Leben der Menschen. Das würde einige Enttäuschungen ersparen.Von Daniel DRECKMANN
06.02.2005