Raketen vor der Wachsenburg – vom 15.11.2005
Quelle: Thüringer Allgemeine für den Ilmkreis am 15.11.2005
Raketen vor der Wachsenburg
OHRDRUF. Dass Einheiten der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf zu Gast sind, ist Normalität. Doch wenn man eine komplette Flugabwehrraketengruppe hierher verlegt, zählt das zu den Besonderheiten. „Luftalarm aufgehoben, Luftwarnung besteht weiter“, übertönt eine Lautsprecherdurchsage das Dröhnen der Notstrom- aggregate. Minuten vorher zogen Kampfjets röhrend über den Platz. Sie blieben für das Auge unsichtbar. Die Wolken hingen zu tief. Natürlich hatten die Radarleute die Maschinen auf ihren Monitoren, aber das ist eben abstrakt.
Unter Tarnnetzen verborgen stehen verteilt über den Truppenübungsplatz dutzende Fahrzeuge. Insgesamt etwa 220, so die Auskunft von Oberstleutnant Thomas Goller von der Flugabwehrraketengruppe 23. Die ist im Großraum Ingolstadt beheimatet. Nun ist sie gewissermaßen mit Mann und Maus für eine Woche in Thüringen: vier mit dem Flugabwehrsystem Patriot ausgerüstete Kampfstaffeln, eine Versorgungs- und eine Stabseinheit, insgesamt 550 Leute. Geübt wird für den Einsatz in Krisengebieten. Abwehr von Flugzeugen und – ballistischen Raketen. Die Patriot sei noch immer das einzig wirksame System gegen solche Flugkörper, so Oberstleutnant Goller. Auch wenn das – „Gott sei Dank“ – keine eigene (Kampf-)Erfahrung ist.
Da das Übungsszenario einen Einsatz im Ausland simuliert, werde aber auch Hilfe für die Zivilbevölkerung oder V erhalten bei Demonstrationen, sprich Deeskalation trainiert.
Noten gibt es keine, wohl aber eine tägliche Fehlerauswertung, so Major Stephan Dirr, einer der Kontrolloffiziere. Er war auch 2003 dabei, als die Flaraketengruppe zum ersten Mal nach Ohrdruf kam. Herausragend gut, so seine vielleicht nicht ganz militärisch exakte Beurteilung des Platzes. Aber es stimme eben alles, technisch auf hohem Niveau, modernisierte Kasernen, beste Versorgung. Ein Fehler, würde man diesen Platz aufgeben. Sicher hätte man auch in der näheren Umgebung von Ingolstadt Übungsgelände gefunden, aber alle Staffeln wären nicht auf einem Platz untergekommen, ergänzt Oberstleutnant Goller. So seien die Bedingungen hier optimal. Auch wenn hier nicht scharf geschossen wird.
Bis auf die Sicht und die sich nun bemerkbar machende Kühle. Ja, am Wochenende, da sah das noch so gut aus bei strahlendem Sonnenschein, bedauert ein Hauptmann. Doch nun ist hinter den steil aufgerichteten Raketenbehältern die Wachsenburg nur noch schemenhaft zu erkennen. Das Radargerät der Alpha-Staffel beginnt zu brummen, es „schaltet“ auf. Die Übung geht weiter. Für den Nachmittag sind wieder Tornado-Kampfflugzeuge avisiert. Hören kann sie jeder, sehen nur die Radarleute. Von Gerd SCHMIDL
14.11.2005