Die Stadtilmer Uranarbeiten – Anlässlich des 40. Todestages des Kernphysikers Kurt Diebner – vom 13.09.2004
Quelle: Die Stadtilmer Uranarbeiten
Auszug/ Zitat: Die Stadtilmer Uranarbeiten
Anlässlich des 40. Todestages des Kernphysikers Kurt Diebner
… Sobald von den Stadtilmer Uranarbeiten die Rede ist, steht der Name eines Kernphysikers im Mittelpunkt, der in den einschlägigen Monographien zur Atomforschung während des Dritten Reiches zwar stets genannt wird, der aber in den deutschsprachigen biographischen Standardwerken bis heute völlig fehlt. Es handelt sich um Dr. Kurt Diebner. Anlässlich seines 40. Todestages am 13.07.2004 sei hier der Lebenslauf des Physikers zusammengestellt:
Kurt Diebner wurde am 13.05.1905 in Obernessa bei Naumburg geboren. Ostern 1925 legte er das Abitur in Halle ab und studierte anfangs Staats – u. Rechtswissenschaften. Im September 1925 wechselte er in das Fach Physik an der Universität Halle–Wittenberg. Das Sommersemester 1927 absolvierte Diebner mit dem Ziel weiterer mathematischer Qualifizierung an der Universität Innsbruck. Ab Wintersemester 1927 / 28 wieder in Halle, promovierte er am 12.11.1931 mit der Arbeit „Über die Kolonnen–Ionisation einzelner Alpha–Strahlen “ und wurde Assistent des bekannten Physikprofessors Gerhard Hoffmann.
Kurt Diebner wurde 1934 Mitarbeiter der Physikalisch- Technischen Reichsanstalt (PTR) in Berlin und übernahm anschließend Aufbau u. Leitung des Referates Kernphysik in der Forschungsabteilung des Heereswaffenamtes mit der Versuchsstelle in Gottow bei Berlin. Dort, und ab 1944 in Stadtilm, fanden die Uran –Paraffin –Schwerwasser –Versuche bei Normal- u. Tieftemperaturen unter Zugrundelegung einer Uranwürfel–Gitterstruktur statt, die unter dem Kürzel G I bis G III in die Physikgeschichte eingingen, wobei G III ein Doppelversuch war (G III a und G III b).
Vom 01.01.1940 bis 30.06.1942 hatte Kurt Diebner die kommissarische Leitung des Kaiser- Wilhelm-Institutes für Physik inne, das während dieser Zeit dem Heereswaffenamt unterstellt war. Ab 01.07.1942 übernahm Prof. Werner Heisenberg diese Aufgabe. Dies war ein weiterer Schritt im Kompetenzstreit zwischen Diebner und Heisenberg, der sich bis zur fachlichen und menschlichen Gegnerschaft auswuchs. In Diebners Organisation lag von 1939–42 der deutsche Uranverein, wobei ihm mit Erich Bagge ein weiterer hervorragender Kernphysiker zur Seite stand.
Diebner zählte zweifellos zu den Kernphysikern in Deutschland, die den Bau einer Atombombe während des Krieges für möglich hielten und konsequent als Ziel der Arbeiten des Uranvereins verfolgten. Seine Sympathien zum NS-System standen außer Frage.
Nach der Zäsur von 1942 gelangten die deutschen Uranarbeiten in die Verantwortlichkeit des Reichsforschungsrates. Damit zogen sich die militärischen Stellen auch aus der Kontrolle von Diebners Gottower Arbeitsgruppe zurück ; sie wurde der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt unterstellt.
Als Konsequenz andauernder alliierter Lufteinwirkung wurden Teile von Diebners Laboreinrichtung im Sommer 1944 von Gottow nach Stadtilm / Thüringen evakuiert. In der folgenden Zeit wohnte Diebner mit seiner Frau (1909-1981) und dem Sohn Bernd Jörg ( geb. 1939 in Berlin, heute Theologieprofessor in Heidelberg) in Stadtilm, später in den Baulichkeiten der Staatsdomäne des benachbarten Ortes Griesheim / Thüringen, wo auch der damalige Beauftragte für Kernphysik Prof. Walther Gerlach eine zeitlang untergebracht war.
Diebners Stadtilmer Labor wurde im April 1945 unter SS – Begleitschutz Richtung München ausgelagert. Am 03.05. erfolgte seine Festnahme durch die ALSOS-Mission in Schöngeising, 30 km südwestlich von München. Internierung bis 03.01.1946 in Farm Hall, England, durch die Alliierten. Nach der Entlassung baute Diebner ein privates Institut für die Entwicklung elektronischer Mess- u. Sicherheitstechnik im Kernenergiebereich auf und erwarb dabei eine Reihe von Patenten….