TA-SERIE (7): Zum 50. Jahrestag der Befreiung

FOLGE 7: Aus der heutigen Sicht wissen wir, daß der im Herbst 1944 von Hitler erlassene Befehl zur Schaffung eines neuen Führerhauptquartiers im Raum „Olga“, zu dem ja auch Arnstadt und Ilmenau gehörten, immense Anstrengungen notwendig machte, andererseits aber auch für die Zivilbevölkerung große Gefahren heraufbeschwor. „Bereits Anfang 1944 wurde Kammler beauftragt, in die Felsen-Anlage auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf in Thüringen das Führer-Hauptquartier einzubauen mit so kurzfristigen Bauterminen, daß kaum die Planung so schnell fertig wurde. Der Reichsführer SS hatte befohlen, daß zum Bau aus Gründen der Geheimhaltung nur Häftlinge verwendet werden sollten. Es sollten ungefähr 80 000 zum Einsatz kommen. Die meisten kamen schon in einem völlig erschöpften Zustand dort an.

Die Unterbringung in Zelten, Erdhütten, Notbaracken und ähnlichen Behelfsunterkünften, die mangelnde Verpflegung und bald zerklumpte Kleidung, verbesserten ihre Zustand nicht und wenn sie wirklich ein paar Tage oder gar einige Wochen mühsam gearbeitet hatten, starben sie.. .“(Institut für Zeitgeschichte München, Archiv-Signatur F 13/8). Aus der Eidesstattlichen Erklärung von Dr. Heinrich August Bender, stellv. 2. Lagerarzt von August 1944 bis 11. April 1945 in Buchenwald vor den Amerikanern: „Ich hatte Anweisungen für Ohrdruf (S III) nur voll arbeitsfähige und kräftige Häftlinge auszuwählen. Ich habe mich an diese Anweisung strikte gehalten. Ich kann mich erinnern, daß ich mir eine große Anzahl Häftlinge, es mögen 4000 bis 5000 gewesen sein, anschauen mußte, um etwa 3000 arbeitsfähige Häftlinge zu finden, die den Ansprüchen genügten.

Die Aussuchungen war dadurch beschleunigt, daß, wenn die Häftlinge bei mir vorbeimarschierten, ich sofort sehen konnte, welcher Häftling für das Kommando – schon seines unterernährten Aussehens wegen – nicht in Frage kam…“. Es ist durchaus nicht aus der Luft gegriffen, wenn aus diesem ganzen Geschehen eine absolute Bedrohung für die Bevölkerung entstand. Angloamerikanische Bomberverbände überflogen den Luftraum des Gaues Thüringen fast jede Nacht, um ihre todbringende Last auf die Großstädte abzuladen. Christbäume die die Zielgebiete markierten, waren in Ilmenau gut zu sehen. Anderseits war aber auch nicht zu unterschätzen, daß die seit Jahren ins deutsche Reich geholten Arbeitssklaven mit Taschenlampen Blinkzeichen gaben. Sie wollten wieder frei sein, ahnten, daß der Krieg, der von Deutschland ausgegangen war, auch hier sein Ende finden würde.

G. REMDT

Die Artikelserie von Gerhard Remdt, bestehend aus 21 Folgen zum 50. Jahrestag der Befreiung, erschien 1995 in der Thüringer Allgemeinen. Datum bisher nicht genau ermittelbar.

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