TA-SERIE (1): Zum 50. Jahrestag der Befreiung

FOLGE 1: Die Geschichte eines halben Menschenlebens öffnet sich jetzt für all jene, die bewußt oder unbewußt eine Zeit miterlebten, die es uns weiß Gott nicht leicht gemacht hat. Diejenigen, die 1945 den Kriegswirren entkamen, froh darüber, ein Dach über dem Kopf zu haben, denken jetzt, da die Medien an diese Zeit zurückerinnern, über das nach, was sie selbst durchmachen mußten.

Da sind die Hamsterfahrten im Gedächtnis, auf den Trittbrettern der überfüllten Züge. Wie froh war man, vom Bauern ein paar Kartoffeln bekommen zu haben. Wie dankbar war man doch, hatte man die Razzien auf den Bahnhöfen auch noch glücklich überstanden, dann zu Hause die „Kostbarkeiten“ auspacken zu können. Rote Rüben, Zuckerrübenschnitzel, braunen Rohzucker aus Straußfurt, Melasse, wenn es gut lief etwas Getreide – damals war man bereit, alles dafür zu geben, und viele haben es auch getan. Und das alles, nur um zu überleben! Diejenigen, die diese Zeit bewußt erlebten, sind heute bereits Rentner oder verstorben. Das geflügelte Wort von damals „Lieber trockenes Brot, nur keinen Krieg wieder“, sprechen die Großeltern unseres Landes angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen in der ganzen Welt zwar gelassen aus, dem geeinten Europa sei Dank, aber Lebenserfahrungen sind nun einmal nicht zu tilgen. Kriege, zumeist von den Poltikern angezettelt, von den Militärs in Szene gesetzt und von der Wirtschaft gefördert, sind, nachdem die Schlacht verloren ist, schon Geschichte. Je nachdem, wer auf der Seite der Verlierer steht, hat in absehbarer Zeit kaum die Chance, sie aufarbeiten zu können. Auch jetzt, 50 Jahre nach dem 2. Weltkrieg bleiben wichtige Archive der Amerikaner, der Briten, der Russen und anderer Staaten für uns immer noch geschlossen. Top secret!

Unsere Artikelfolge, gründlich recherchiert, durch unzählige Dokumente und Fotos belegbar, will nicht allgemein das nacherzählen, was andere dazu, oft leider auch falsch, geschrieben haben. Sie will den Zeitraum vor allem von Herbst 1944 bis zum Eintreffen der Alliierten in unserer Region, also im Bereich des damaligen und jetzigen Kreises Arnstadt nach neuesten Forschungsergebnissen behandeln, kann dabei aber nicht auf zeitliche Rückgriffe wegen des besseren Verständnisses verzichten. Da noch nie über die bis dato unbekannten Hintergründe geschrieben wurde, wird auch das für den geschichtsbewußten Leser von Interesse sein.

G. REMDT

Die Artikelserie von Gerhard Remdt, bestehend aus 21 Folgen zum 50. Jahrestag der Befreiung, erschien 1995 in der Thüringer Allgemeinen. Datum bisher nicht genau ermittelbar.

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