Quelle: Ilmenauer Zeitung vom 05.05.1965

Trügerischer Frieden 1937…

Wenn man Gewährsleuten glauben darf, dann wurden bereits im Jahre 1935/36 im Rahmen umfangreicher Studien der Heeresleitung Wehrmacht (später OKW) in Verbindung mit der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft Berlin die künftige kriegswirtschaftliche Bedeutung des Raumes Ohrdruf-Crawinkel für das Industriezentrum Erfurt sowie für eine Reihe von Sondermaßnahmen untersucht.

Soweit die Öffentlichkeit von einigen wegen ihres Umfangs schwer geheimzuhaltenden Baumaßnahmen erfuhr, wurde erklärt, sie seien für den Truppenübungsplatz Ohrdruf bestimmt. Das war u. a. auch der Fall beim Bau unterirdischer Nachrichtenzentralen bei Arnstadt, wo zum Teil 50 bis 200 Fernschreiber installiert wurden, wo Verbindungsbrücken zum internationalen Kabel hergestellt wurden usw. Für einen gewöhnlichen Truppenübungsplatz natürlich eine mysteriöse Angelegenheit.

Wie weit denn auch schon von hier aus eine Linie zu den kompletten Plänen General Siberts, G-2 der Zwölften amerikanischen Heeresgruppe (Spionagechef), im April des Jahres 1945 führt, kann aus begreiflichen Gründen nicht nachgeprüft werden. Der Krieg, auf den sich Hitler-Deutschland vorbereitete, würde, das lehrte die letzte Phase des I. Weltkrieges, vor allem ein Kampf aus der Luft werden, für den es im Rahmen zahlreicher strategischer Varianten und bestimmter Voraussetzungen nur eine Alternative gab: Unterirdische Produktionsräume für die kriegswichtigen Industriezweige, Depots und Nachrichtenzentralen. Diese Pläne basierten darauf, daß ein Millionenheer von Arbeitssklaven zur Verfügung stand, ohne das die benötigten Hunderte Kilometer unterirdischer Stollen nicht zu schaffen waren. Diese „Sandkastenspiele“ mitten in einem trügerischen Frieden rechneten mit der brutalen Unterdrückung und Ausrottung anderer Völker!

Als sich abzeichnete, daß die Blitzkriegsstrategie gescheitert war und auch der Luftkrieg nach Deutschland zurückgetragen wurde, griff man die alte Studie auf und erweiterte sie: Im Jonastal sollte eines der zahlreichen Führerhauptquartiere errichtet werden. Mitte 1944 setzte man den Oberbürgermeister von Arnstadt, Kuhn, von dieser zweifelhaften Ehre in Kenntnis.

1. Zeugenaussage:
Die ganzen Bauarbeiten sind streng geheim gewesen. Zuerst sollte in den Jahren 1937/38 unterhalb des Eichfeldes die Nachrichtenzentrale gebaut werden. Als es dann mit der CSR so schnell ging, wurde das Objekt stillgelegt und 1940 die Fernsprechzentrale im Schloß installiert. Von hier aus gingen zwei Kabel weg, eins über Elxleben in Richtung Erfurt und das andere direkt ins Jonastal und nach Ohrdruf. Fernschreiber waren auch im Schloß installiert worden. Das merkten wir an den Materialien, die zum größten Teil auf dem Gelände des Hauptpostamtes gelagert wurden.
Karl Schneider, Fernmeldebauamt Arnstadt

2. Zeugenaussage:
Erste Arbeiten zum Ausbau des Schloßkellers zum Nachrichtenzentrum begannen bereits 1937, wurden dann aber später erst mit allem Nachdruck vorangetrieben. Die Arbeit erfolgte unter strengster Geheimhaltung und Bewachung der SS. Jeder von uns hatte mehrere Ausweise, die wir von Berlin bekamen. Sie wurden uns nach Abschluß der Arbeiten sofort wieder abgenommen. Anfang der vierziger Jahre war der Keller bereits fertig. In ihm waren rund drei Fernsprechämter untergebracht. Ferner befanden sich darin mindestens 50 Fernschreiber.
Herbert Schweinsberger, Hauptpostamt Arnstadt

 

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