Vom Schicksal des Dornheimer Rittergutes – vom 20.06.2004

Quelle: Arnstädter Stadtecho im Juni 2004

Vom Schicksal des Dornheimer Rittergutes

Die Geschichte des Dornheimer Rittergutes beginnt genau genommen schon im Jahr des Herrn anno 1553. Der Schwarzburgische Oberhauptmann Christoph von Entzenberg erwarb zu seiner Zeit das Lehen, nach seinem Tod 1585 erbte es sein zweiter Sohn Melchior. Er war es, der das sogenannte „Gelbe Haus“ oder das Dornheimer Schloss und auch „Wasserschloss“ genannte Kleinod errichten ließ, welches nur durch eine Zugbrücke erreicht werden konnte, da das gesamte Haus von einem Wassergraben umringt war. Da schrieb man das Jahr 1587. Man weiß das, da sich über dem Portal des Hauses eine Inschrift befand, die aus dem Lateinischen übersetzt besagte: „Melchior von Entzenberg hat dies gegründet 1587″. Im Laufe seiner Jahrhunderte währenden Geschichte wechselten die Eigentümer und schon 1598 erwarb es der Arnstädter Weinhändler Georg Breithaupt, andere Quellen besagen aber auch, dass das Haus noch l 647 im Besitz derer von Entzenberg gewesen sein soll. Sei es wie es sei, gleich mehrere Arnstädter wurden in den Grundbüchern für dieses Annwesen eingetragen, so unter anderem der Arnstädter Bürgermeister Ernst Gottfried Beyer, danach Hofrat Rothe, Christian Friedrich Schierholz und später dessen Sohn Gottfried Christian. So kann man auch eine enge Verbindung zu dem Arnstädter „Haus zum Palmbaum“ nachweisen, denn auch jenes Haus gehörte damals zum Besitz der Familie Schierholz.

Kaiserquartier und Likörfabrik

In diesem kleinen Schloss übernachtete am 26. Oktober 1813 der österreichische Kaiser Joseph Karl Franz I., der sich in Dornheim mit dem russischen Zaren Alexander I. und dem Preußischen König Friedrich Wilhelm III. traf, um über das weitere Vorgehen gegen Napoleon zu beraten. Dieses Treffen ging als „Drei-Monarchen-Treffen“ nicht nur in die Geschichte Dornheims ein. Gottfried Schierholz war es auch, der in Dornheim eine Spirituosenbrennerei mit Likörfabrik, eine Käserei sowie eine Essigfabrik gründete und damit einer ganzen Anzahl Dornheimer Lohn und Broterwerb sicherte.

Als er 1820 die Plausche Porzellanfabrik von den Gebrüdern Heuäcker erwarb, verlagerte er sogar einen Teil der Produktion nach Dornheim. 18 Jahre lang wurde hier Schierholzsches Porzellan bemalt, gebrannt und versandt. 1906 erwirbt Georg Alfred Gottlieb von Witzleben das traditionsreiche Schloss. Mit dieser Familie endet die Geschichte im Jahr 1945 auf tragische Art und Weise, das Schloss selbst wird kurze Zeit später willkürlich abgerissen.

Das Protokoll

Was sich in diesem Zeitraum auf dem Dornheimer Rittergut ereignete, gab Hans Ohler zu Protokoll. Im Turmzimmer der Veste Wachsenburg sagte er im Juli 1962 anlässlich der Zeugenvernehmung über die Ereignisse während des Dritten Reiches:
„ 1. Nicht ich war Inspektor auf dem Dornheimer Rittergut, sondern mein Vater Herr Olher. Wir, d. h. meine Familie, waren nie Besitzer des Rittergutes in Dornheim. Von 1936 – 1945 wurde das Rittergut von Alfred Adalbert Hans Lutze von Witzleben-Wurmb und seiner Frau Clementine von Bassewitz bewirtschaftet. Auf dem Gut lebten ebenfalls Luise Maria von Witzleben-Wurmb, Alfred Gottlieb von Witzlebens Schwester und Alfred Adelbert von Witzleben-Wurmb. Ab 1944 auch die Familie Georg Jürgen von Götz mit drei Kindern. Am 6. April 1945 starb Luise Maria von Witzleben. Am 3. Juli 1945 wurden der Gutsbesitzer, Inspektor und der Hausleiter von der Roten Armee verhaftet. Am 25. Juli 1945 wurde Alfred Adelbert von Witzleben verhaftet. Er war dann in Weimar-Buchenwald. Am 22./23. August 1945 nahm sich die Familie von Götz mit den drei Kindern das Leben. Die sowjetische Militärbehörde gab am 25. Oktober 1945 die Anweisung, daß Clementine von Witzleben mit den Kindern Conrad, Theda und Günter das Gut verlassen muß. Auch wir erhielten von der SMB eine Wohnung in Weimar.
2. Es ist richtig – im Gut waren Stauffenberg, Witzleben und Riedel sowie andere hohe Leute vom Militär. Zweimal waren diese auch auf der Wachsenburg und einmal in Wechmar. Übernachtet haben sie auf dem Gut, wo sie angeblich zur Jagd waren.
3. Es ist richtig, ich war von der Front zurückbefohlen und wurde dem sogenannten Begleitoffizier Heinz Zeuner zugestellt. Unser Quartier war das Wasserschloß in Günthersleben. Der Offizier Zeuner, welcher mit zur SS Gruppe Kammler gehörte, hatte zeitweilig seine Wohnung im Pfarramt in Wechmar und auf dem Rittergut. Die erste Hauptaufgabe war, Errichtung von Quartieren für Wissenschaftler der Deutschen Reichspost in Stadtilm, Gehren, Großbreitenbach, Manebach, Ilmenau, Seebergen und Dornheim zu errichten.
4. Mit Georg Jürgen von Götz war auch Frau Dr. X (It. Gen. Schörnig darf der Name nicht niedergeschrieben werden) nach Stadtilm gelangt. Beide gehörten mit zur Gruppe um Dr. Diebner. Beide hatten aber ihre eigenen Forschungsbereiche. Dazu wurden sie im Gut Dornheim untergebracht. Frau Dr. X wohnte im 1. Stock des Gutshauses, die Familie Götz bei meinem Vater im Haus. Die anschließende Scheune wurde ebenfalls beräumt und hier wurden Glasbehälter untergebracht, wo ich manchesmal violette Blitze sah.
5. Was so am Ende des Monats März richtig los war, kann ich nicht sagen. Frau Dr. X war mit ihren Schriftsachen plötzlich in Ilmenau und dann in Coburg. Offizier Zeuner brachte alles in kleineren Transportkisten unter. Auf unseren LKW wurden in zwei Kisten jeweils ein Glasbehälter gebracht. Im Schloß Günthersleben erhielten wir neue Ausweise, ich als Leiter einer Sanitätsgruppe und gleichzeitig eine kurze Sanitätsausbildung. Auf unserem LKW war das rote Kreuz mehrmals angebracht. So standen wir in Stadtilm, als die Amis einfuhren in den Ort. Die Amis sahen sich meine Ausweise an und sagten o.k. Mit dem Auto fuhren wir für die Amis Essen. Dann waren die Amis weg und die Sowjets standen da, meine Ausweise waren karacho. Wir fuhren nun für die sowjetischen Genossen. Auf unserem LKW standen immer noch die beiden Kisten. Endlich fand ich einen sowjetischen Genossen im September 1945, welchem ich sagen konnte in der deutschen Sprache, daß da zwei Kisten sind. Der sowjetische Genosse brachte den stellvertretenden Chef der SMAV Thüringen, Oberltn. Lewezenzow, mit und mein LKW war eine Freude für die sowjetischen Genossen. Zwei Tage danach erhielt ich vom Generalmajor Kolesnitschenko zwei hohe sowjetische Orden. Hier sind sie. Die Genossen dankten und versprachen, meinen Vater noch am Abend vorbei zu bringen, was sie auch machten. Mein Vater verstarb 1946.
6. Warum das Dornheimer Gut 1946 abgerissen wurde, kann ich nicht sagen.“

Der Abriss

Soweit die Aussage von Hans Ohler. Zu dem Abriss übergab uns die Arnstädterin Annelore Pfeiffer eine Aussage, die sie uns freundlicherweise für den Abdruck zur Verfügung stellte. „Richtig ist, dass das Schloss Anfang 1948 abgerissen wurde. Zu dieser Zeit war ich Lehrerin in Dornheim ( heute noch bekannt als Fräulein Quedenfeld). Fest steht zum einen, dass das Gebäude nicht leer stand, sondern von mehreren Familien (Umsiedlern aus dem Osten, von deren Kindern ich einige aus der Schule kannte), bis zuletzt bewohnt war. Das Haus ist zwar geplündert worden, und die Räume waren sicher auch abgewohnt, aber das Schloss war nicht baufällig! Verfall war also nur ein vorgetäuschter Grund für den Abruch. Vielmehr ist es dem Amt für Landwirtschaft beim Rat des Kreises in Verbindung mit der SED-Kreisleitung und zwei oder drei ,verbohrten‘ Einwohnern des zuzuschreiben, dass das von schlichter Schönheit gekennzeichnete Schloss abgerissen wurde. Die Mitglieder des Sportvereines 09 einschließlich des Tennisklubs wurden gezwungen, diese barbarische Zerstörung auszuführen. Das Trümmerfeld blieb Jahrzehnte lang als Schandfleck liegen. Erst nach der Wende wurde das Areal in Ordnung gebracht und würdig gestaltet. Das Dornheimer Schloss ist übrigens nicht als einziges auf diese Weise verschwunden‘. Im Altkreis Arnstadt haben mehrer Orte ihr Gutshaus oder Schloss verloren, u.a. Angelroda Ende 1947 und Grisheim Anfang 1948. Beide Schlösser waren ebenfalls bis zuletzt bewohnt.“

Heute befinden sich nur noch einige wenige Fotografien im Besitz des Schlossmuseums Arnstadt. Die Erinnerung an das Anwesen aber ist bei den Dornheimern erhalten geblieben.

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