Thüringer Allgemeine, Lokalteil Arnstadt vom 16.02.2002

Die alte Straße durchs Jonastal wird zum Radweg umfunktioniert. Dafür zieht sich in ein Paar Jahren ein Betonband durch Espenfeld und Gossel in Richtung Crawinkel. So zumindest wollen es die Straßenverkehrsämter in Erfurt und im Ilm-Kreis. Doch dort hat man die Rechnung offenbar ohne die Bürger der betroffenen Orte gemacht, denn es regt sich energischer Widerstand.

Von Michael KELLER

„Schildbürgerstreich“, Die haben wohl zu viel Geld“, „Holt die hier her, die sich diesen Unsinn ausgedacht haben“. Aufgeregtheit herrscht am Donnerstag Abend bereits zu Beginn der Zusammenkunft im Feuerwehrvereinszimmer von Espenfeld, bei der der Widerstand gegen die Straßenverlegungspläne organisiert und gebündelt werden soll. Rund 50 Bewohner aus Gossel und Espenfeld haben sich eingefunden, denn der Schreck sitzt tief. Nicht nur, dass die Natur im Gottesholz, einem Totalreservat mit hoher Schutzpriorität durch den Verkehr in Zukunft in Mitleidenschaft gezogen würde, nein auch die Einwohner fürchten um ihre Ruhe und ihre Gesundheit. Manch einer gar um sein Haus, denn die Gassen in Espenfeld sind sehr schmal. Unvorstellbar für viele, dass sich hier eventuell einmal Lkw-Schlangen entlang wälzen sollen. So zumindest sehen es die Pläne der Straßenbauer vor. Hintergrund dafür sei, so Mitinitiator Günter Loibl, dass man die alte Straße von Seiten des Landes an den Ilm-Kreis los werden wolle. Der aber bestehe auf einer top instand gesetzten Route. Und das ist den Planern offenbar zu teuer. Zudem sei zu vermuten, dass man die Trasse später als Umleitung nutzen wolle, wenn das Erfurter Kreuz dicht sei. Dann würde alles von der A 4 über Ohrdruf und über die geplante neue Straße zur A 71 gelotst. Und dann könne man sich ja in ungefähr vorstellen, was das für die betroffenen Dörfer hieße.

Volker Herzberg, einer der Initiatoren des Widerstandes, erläutert anfangs die vier Varianten der Straßenführung Richtung Crawinkel. In drei Fällen sind die Ortschaften benachteiligt. „Die Argumente sind wenig stichhaltig, die Vorteile, die dadurch entstehen sollen, wurden nicht erläutert und sind auch nicht erkennbar“, wettert Herzberg. Gründe genug, die Kräfte zu bündeln, um die „törichten Pläne“ zu verhindern. Eine organisierte Struktur habe da mehr Gewicht, als wenn jeder für sich allein kämpfe.

Und so diskutiert man fast eine Stunde darüber, ob denn nun ein Verein oder eine Bürgerinitiative gegründet werden soll. Argumente durchfliegen den Raum, werden aufgenommen oder verworfen. Einer befürchtet, das Für und Wider gegen die Trassenführung werde die Orte spalten, andere stoßen sich an einem Euro Mitgliedsbeitrag. Wieder ein anderer fragt, wovon man eigentlich den Strom bezahlen wolle, den man bei den Zusammenkünften im Vereinszimmer der Feuerwehr verbrauche.

Am Ende wird dann nach fast zwei Stunden Gedankenaustausch Einigkeit darüber erzielt, dass der Verein „Bürgerinitiative Schutz intakter Lebensräume Espenfeld, Gossel und Umgebung e.V.“ heißen soll. Doch als es an dessen Gründung geht, leert sich der Vereinsraum plötzlich zu einem Großteil in ungeahnter Schnelle. Einige derjenigen, die vorher lautstark das Wort führten, sind die ersten, die Fersengeld geben. „Nur keine Verantwortung übernehmen, die anderen können ja die Kastanien aus dem Feuer holen“, murmelt eine Dame verärgert. Von den rund 50 Gästen, die sich eingefunden haben, sind es am Ende ganze 25, die sich zur Sache bekennen und ihre Bereitschaft erklären, gegen die Straßenbaupläne zu Felde zu ziehen. Nach dem Ergebnis der sich zähflüssig anschließenden Wahlhandlung bilden künftig Volker Herzberg, Dr. Heidelinde Gerlich, Hartho Köllmer, Günter Loibl und Matthias Hock den neuen Vorstand der Bürgerinitiative. Ihnen obliegt es nun, die Verantwortlichen anzuschreiben, sie dazu zu bewegen, den Menschen der beiden Orte Rede und Antwort zu stehen, Kontakte zu Ämtern und Ministerien herzustellen. Keine leichte, weil zeitaufwändige Aufgabe, doch das Ziel ist ein lohnendes, meint man. Und der Wert der Häuser und Grundstücke bleibe schließlich auch erhalten, heißt es noch.

VORSTAND: Volker Herzberg, Günter Loibl, Hartho Köllmer
Heidelinde Gerlich und Matthias Hock (v.l.n.r.) TA-Foto: mke

Quelle: http://www.espenfeld-gossel.de

Translate »