Forscher fanden keine Spur von Hitlers Atombombe – vom 22.02.2006

Quelle: Schwäbisches Tagblatt -> http://www.tagblatt.de/index.php?nav2=Im%20Blickpunkt&artikel_id=35587586

Forscher fanden keine Spur von Hitlers Atombombe

Standen die Nazis im zweiten Weltkrieg kurz vor dem Einsatz einer Atombombe? Gab es gar in Thüringen einen Kernwaffen-Test? Mit diesen Spekulationen hat vor Jahresfrist der Historiker Rainer Karlsch einige Aufregung verursacht. Zumindest die zweite Frage kann jetzt mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden.

Auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf in Thüringen, so Karlschs These in seinem Buch „Hitlers Bombe“, habe es im März 1945 im Zuge des Bombenbaus eine Kernexplosion gegeben, bei der möglicherweise hunderte Menschen ums Leben kamen.

Im Auftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens wurden daraufhin Bodenproben entnommen und von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) nach allen Regeln der Messkunst untersucht. Die jetzt vorliegenden Resulate besagen: Eine Kernexplosion hat es zumindest an diesem Ort nie gegeben.

Hätte die Explosion tatsächlich stattgefunden, müsste sie sich angesichts der langen Halbwertszeiten gewisser Radionuklide (das sind radioaktive Atome) auch heute noch nachweisen lassen. So „verraten“ sich manche Radionuklide durch eine typische Gammastrahlung, die beim Zerfall der Atomkerne auftritt. Die diesbezügliche Untersuchung der Wissenschaftler ergab: Die Strahlung ist gering und stammt vorwiegend von natürlich vorkommenden Radionukliden.

Als künstlich erzeugtes Radionuklid konnte in den Proben nur Cs-137 nachgewiesen werden. Dessen Strahlung liegt aber im Rahmen der durch den Reaktorunfall 1986 in Tschernobyl verursachten Bodenkomtamination. Die Belastungswerte variieren innerhalb Deutschlands sehr stark, je nachdem, wie viel Cs-137 durch den Regen aus der Tschernobyl-Wolke gewaschen wurde.

In einem zweiten Schritt haben die Forscher die Uranaktivitäten der Proben radiochemisch untersucht. Hintergrund: Eine explodierende Kernwaffe, für die hoch angereichertes Uran benötigt wird, müsste in der näheren Umgebung das natürliche Verhältnis der Uranisotope verschieben. Um ganz sicher zu gehen, wurden die Messzeiten für jede einzelne Probe auf mehrere Monate ausgedehnt. Resultat: Das Verhältnis stimmt mit dem natürlichen hundertprozentig überein.

Damit ist klar, dass in Ohrdruf nie eine Atombombe explodiert ist. Die Bodenproben zeigen lediglich Kontaminationen, die auf den Reaktorunfall in Tschernobyl und auf den Fallout oberirdischer Atombomben-Tests in den fünfziger und sechziger Jahren zurückgehen. Wie nah die Nazi-Wissenschaft der Atombome war, ist damit freilich nicht geklärt.

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