Speziallager Buchenwald 2 und seine Opfer in Stadt und Landkreis Arnstadt – vom 29.03.2004

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Quelle ursprünglich: http://www.arnstadt.de/index.php?structureId=30&id=349

Resümee zum Vortrag: :“Das Speziallager Buchenwald 2 und seine Opfer in Stadt und Landkreis Arnstadt“

Datum: 29.03.2004

Das Gewölbe der Ruine Neideck war am Donnerstag, dem 25.März 2004 wiederum mehr als gut besucht. Das Thema des Abends:“Das Speziallager Buchenwald 2 und seine Opfer in Stadt und Landkreis Arnstadt“ hatte viele an der jüngeren Geschichte Arnstadts Interessierte angesprochen. Vor allem aber waren sie gekommen, um von Werner Nöckel aus erster Hand über eines der düstersten Kapitel dieser Stadt im 20. Jahrhundert zu hören.

Prof. Elbracht begrüßte im Namen des Thüringer Geschichtsvereins Arnstadt und des Altstadtkreises Arnstadt ganz besonders den Custos Buchenwald 2 der Gedenkstätte Buchenwald, Herrn Dr. Ritscher, und Frau Irmgard Oschmann, Arnstadt, im Alter von 85 Jahren eines der wenigen noch lebenden -nachweislich völlig unschuldigen -Opfer der seinerzeitigen sowjetischen Besetzungswillkür, die drei Jahre im Speziallager Buchenwald 2 überlebt hat.

Werner Nöckel, Jahrgang 1925, im Jahre 1958 als Student in Jene selbst vom MfS verhaftet und damals wegen „staatsgefährdender Hetze und Propaganda“ zu 3 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt, Dipl.-Historiker und langjähriger Vorsitzender des Landesverbandes der Vereinigung der Opfer des Stalinismus, gab ein umfassendes Bild unseres heutigen Wissensstandes -aber auch der großen Lücken ~ über die von 1945 bis in die Mitte der 50er Jahre Inhaftierten. 30.000 zunächst in Buchenwald 2, mehr als 3.000 der Überlebenden dann noch 1950 im Zuchthaus Waldheim, abgeurteilt von einem DDR-Gericht mit Verfahren, die inzwischen als einwandfreie Rechtsbeugung erwiesen sind. In der Nacht vom 3. zum 4. November 1950 wurden hier 24 Todesurteile mit einer extra herbeigeschafften Guillotine vollstreckt. Von Deutschen.

Der Referent nannte erschreckende Zahlen über die zunächst auch in den US-amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszonen Inhaftierten. In der Sowjetzone bis zu 200.000, wobei das spezifische Gewicht der NS-Belastung unter den Insassen der Speziallager deutlich niedriger lag als in den westlichen Internierungslagern. Die „großen Nazis“ hatte die amerikanische Besatzungsmacht zwischen dem l0. April und 1.Juli 1945 aus Arnstadt abtransportiert (und in der Regel innerhalb ein bis zwei Jahren entlassen und „entnazifiziert“) , die „kleinen Mitläufern kamen in das Speziallager Buchenwald 2. Auch Jugendliche (unter -. Überwiegend unbegründetem- „Werwolf-Verdacht), denn nach sowjetischen Gesetzen waren schon 12 Jährige strafmündig!

Wer wen denunzierte, und warum im Kreis Arnstadt die Verhaftetenqote etwa doppelt so hoch war (bezogen auf die Einwohnerzahl) wie in Thüringen insgesamt, ist bisher nicht geklärt. Werner Nöckel zitierte Namen und den Beschuldigten vorgeworfene Vergehen, die sich in den Listen der zu Sequestrierenden finden, aber vielfach nur „allgemein gegriffen“ zu sein scheinen.

Der Referent schilderte auch die sog. GPU – Keller, in denen die Verhafteten zu- nächst Tage bis Wochen unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert, verhört und gefoltert wurden: ..“Das waren die schlimmsten Stunden meines Lebens…ich unter- schrieb (danach), was man mir als Protokoll vorlegte.“

191 Männer und 23 Frauen aus der Stadt Arnstadt sind nach jetzigem Erkenntnisstand in Buchenwald 2 inhaftiert gewesen, 54 Männer und Frauen starben dort, einige kurz nach ihrer Entlassung. Auch die jetzt vorliegenden Totenbücher (in russischer Handschrift) geben keine eindeutige Auskunft über die endgültigen Zahlen.

Werner Nöckel bat deshalb abschließend um Mithilfe aller, die als Zeitzeugen oder Angehörige von Zeitzeugen noch zur Aufklärung beitragen können – bevor die letzten Zeugen gestorben sein werden! Bitte schreiben Sie an: Dipl.-Historiker Werner Nöckel, Kirchholz 13, 99330 Gräfenroda.

Dieter Elbracht

Mit freundlichen Grüßen
Stadtmarketing Arnstadt GmbH / Kulturbetrieb

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